Verordnung von 1887

… für den Verkehr der Radfahrer auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen

Seit 1886 die Coburger Radrennbahn gebaut wurde, erfuhr das Velociped in Coburg einen wahren Boom. Die Coburger Zeitung berichtet immer wieder von Verkehrsunfällen zwischen Radfahrern und Fußgängern oder Fuhrwerken. Auch zu schnelles Fahren der Radfahrer ist schon in diesen frühen Tagen oft ein Thema. Daher war es unumgänglich, dass bereits im Jahr 1887 das Staatsministerium des Herzogtum Coburgs eine Verordnung verabschiedete, die den Verkehr mit „Velocipeden“ regeln sollte:

Gesetzsammlung für das Herzogthum Coburg.
Nr. 1084.

Verordnung, den Verkehr der Radfahrer auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen betreffend, vom 15. September 1887.

Mit Höchster Genehmigung wird hierdurch verordnet, was folgt:

§1.

Das Fahren mit Velocipeden ist nur auf Fahrwegen gestattet. Bürgersteige, Chaussee-Banquets und Fußwege dürfen nicht befahren werden.

§ 2.

Jeder Radfahrer hat während der Fahrt die rechte Seite der Fahrbahn einzuhalten und begegnenden Fuhrwerken oder Reitern nach rechts auszuweichen. Das Vorfahren hat auf der linken Seite der eingeholten Fuhrwerke oder Reiter zu erfolgen. An entgegenkommenden und eingeholten Fuhrwerken und Reitern darf nur mit mäßiger Fahrgeschwindigkeit in angemessener Entfernung und von mehreren Radfahrern nur hintereinander in einfacher Reihe vorbeigefahren werden. Bei Straßen- und Wegkreuzungen innerhalb der Ortschaften ist langsam zu fahren.

§ 3.

Jedes in Fahrt befindliche Velociped muß mit einer Signal-Glocke versehen und in der Zeit von der ersten Stunde nach Sonnenuntergang bis zur letzten Stunde vor Sonnenaufgang mit einer hell brennenden Laterne erleuchtet sein.

§ 4.

Jeder Radfahrer hat die von ihm eingeholten, und in der Zeit von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang auch die ihm begegnenden Fußgänger, Reiter und Fuhrwerke durch Glockensignale und, im Falle der Verhinderung hieran, durch Pfeifensignale auf seine Annäherung aufmerksam zu machen.

§ 5.

Der Radfahrer hat Alles zu vermeiden, was geeignet wäre, das Scheuwerden von Pferden oder sonstigen Zugthieren zu veranlassen, wie den Gebrauch langer flatternder Bänder und dergleichen.

Werden gleichwohl Pferde oder sonstige Reit- oder Zugthiere bei der Annäherung eines Velocipeds unruhig, so hat der Radfahrer unverzüglich abzusteigen.

§ 6.

Die Geschirrführer, mit Ausschluß der Posten, und die Reiter haben entgegenkommenden oder sie einholende Velocipeden nach der rechten Seite hin angemessen auszuweichen.

§ 7

Durch Polizei-Verordnung kann das Fahren mit Velocipeden auf einzelnen Straßen oder Plätzen untersagt werden.

§ 8.

Zuwiderhandlungen unterliegen der Bestrafung nach 8 366 Ziff. 10 des Reichsstrafgesetzbuchs.

Coburg, den 15. September 1887.

Herzogl. Sächs. Staatsministerium.

Fhr. v. Ketelhodt.

Regierungsblatt für das Herzogtum Coburg Bd. 1887 (Coburg, Landesbibliothek –Ze-2102(1887)

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