Vorbericht aus Coburger Zeitung vom 07.Mai 1891
Coburg. 6. Mai. Pfingstrennen des Radler- Vereins. Der hiesige Radler-Verein veranstaltet, ebenso wie in früheren Jahren, auch am diesjährigen ersten Pfingstfeiertage auf seiner Rennbahn am städtischen Anger große Velociped-Wettfahren, die in Sportkreisen nicht unbedeutende Beachtung finden. Die größten Wettfahrer auf dem Stahlroß, Lehr, Göbel, Stein, Herbe und viele Andere nahmen seither an den hiesigen Rennen Theil und Hunderte von Radfahrern, die an den Wettfahrten sich nicht betheiligten, kamen nach Coburg um den Veranstaltungen der hiesigen Radler beizuwohnen und gleichzeitig die herrlich gelegene Residenz des Herzogs Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha kennen zu lernen. So waren zu den im vorigen Jahr abgehaltenen Festlichkeiten nahezu 500 fremde Ritter vom Rad aus Nord- und Süddeutschland hier anwesend. Wenn schon diese große Besucherzahl beweist, daß der Radler-Verein Coburg sich ganz besonderer Anerkennung in allen Radfahrerkreisen erfreut, so wird es kaum überraschen zu hören, daß die große Radfahrervereinigung „Allgemeine Radfahrer-Union“ beabsichtigt, im Jahre 1892 m den gastlichen Mauern Coburgs ihren Congreß abzuhalten, an dem voraussichtlich einige tausend Mitglieder theilnehmen werden. Auch zu den diesjährigen Rennen erwartet man mit Sicherheit eine große Theilnehmerzahl, sind doch bis jetzt — noch 8 Tage vor Nennungsschluß — schon so viel Anmeldungen von Nenn- und Einzelfahrern, sowie von ganzen Vereinen eingegangen, wie in keinem der Vorjahre. Für die an den Wettfahren Theilnehmenden haben die Coburger Rennen um so mehr Interesse, als der regierende Herzog wie auch Prinz Alfred von Edinburg dem Radler-Verein kostbare Ehrenpreise gestiftet haben. Man ersieht hieraus, daß man in Coburg dem Radfahrsport selbst an höchster Stelle sehr zugethan ist. Auch das Präsidium der Allgemeinen Radfahrer-Union hat dem Verein mehrere ansehnliche Preise wie auch Ehrenzeichen zukommen lassen. Das Rennprogramm weist neben einem Hauptzweirad- und einem Hauptdreiradfahren noch ein Meisterschaftsfahren für Thüringen, Vorgabefahren, Jugendfahren u. s. w. auf. Hervorheben wollen wir noch, daß auch eine Kunstfahr-Concurrenz ausgeschrieben ist, an dem sich voraussichtlich die besten Kunstfahrer auf dem Ein-und Zweirad beteiligen werden, und der Preis – Corso, der zum Schluß gefahren wird, verfehlt sicher seine Anziehungskraft auch nicht. So werden die Pfingstfeiertage, hoffentlich von schönem warmen Wetter begünstigt, für unsere Stadt, ihre Bewohner und alle sich in derselben Aufhaltenden wieder wirkliche Festtage werden. Nicht blos Radfahrer und Alle, welche sich für diesen Sport interessieren, sondern auch gewiß recht viele Andere werden Coburg zum Zielpunkt ihres Pfingstausfluges machen, denn es bietet an landwirtschaftlichen Reizen und Naturschönheiten, kleineren und größeren Ausflügen so viel, wie selten eine Stadt unseres engeren und weiteren Vaterlandes.
Rennen der Radler. Trotz der unfreundlichen Witterung fand das diesjährige Rennen des Radlervereins Coburg doch die gewohnt lebhafte Theilnahme. Ja das Schaukontingent auf den Straßen war wohl größer denn je, da das zweifelhafte Wetter die Städter in Coburg fest hielt und der Andrang vom Lande ein ganz gewaltiger gewesen war. So fand der programmpünktlich in Scene gehende Corso, an dem sich über 200 Radler, — darunter auch 4 oder 5 Radlerinnen — betheiligten, allgemeinste Theilnahme. Das zum ersten Male im Zug mitgeführte sehr schöne Bundesbanner wurde von einer Bedeckung begleitet, welche dieselbe Sportstracht angelegt hatte, wie der Bannerführer. Im Uebrigen herrschte die bekannte blaue Trikotkleidung vor. Auf dem Anger entwickelte sich ein sehr flottes Leben. Der Besuch dürfte gegen die Vorjahre kaum schlechter gewesen sein, doch war weniger Nachfrage nach theureren Plätzen, da man es Vorzug unter dem Schutz des Regenschirmes zu promeniren. Der Vorstand des Coburger Radlervereins wird es als eine ganz besondere Auszeichnung betrachten können, daß unter den obwaltenden Verhältnissen, es sich der Erbprinz und die Erbprinzessin von Meiningen, sowie Prinz Alfred von Edinburg nebst Begleitung nicht nehmen ließen, einem Theil des Rennen persönlich beizuwohnen. Unter strömendem Regen ging das erste Rennen in Scene und wacker hielten die Kämpen aus, galt es doch sogar 12 Runden zu machen. Es galt die Meisterschaft um Thüringen, die Herr Starklopf Gotha gegen einen anderen Gothaer und einen Erfurter vertheidigte und auch behauptete. Wir behalten es uns vor, die Namen der Preissieger in den verschiedenen Rennen, noch nachzutragen. Wirft man einen Blick auf die im Vermischten Theil unseres Blattes zusammen gestellten Wetternachrichten, so können die Herren Radler, noch immer von Glück sagen, daß es hier nicht geschneit und Eis gefroren hat. An kalten Füßen wirds gewiß nicht gefehlt haben, ebenso wie das Bedürfniß nach Grog ein größeres war als nach Bier. Die Büffetiers haben leider ein sehr schlechtes Geschäft gemacht.
Wir veröffentlichen nachstehend die Liste der Sieger der einzelnen Rennen.
1) Meisterschaftsfahren für Thüringen auf dem hohen Zweirad. 5000 Meter. Drei Preise. 1. Preis: Große goldene Meisterschafts-Medaille im Werthe von 100 M. Rudolph Starklopf-Gotha in 11 Min. 31 3/5 Sec. 2. Preis: 1 silbernes Ehrenzeichen. Arthur Seeber-Gotha. 3. Preis: 1 broncenes Ehrenzeichen. Hermann Wendel-Erfurt.
2) Ernst-Fahren (Zweirad und Sicherheitszweirad). 2000 Meter. Zwei Läufe und späterer Entscheidungslauf. Erster Lauf. Erster: Bernh. Schmidt- St. Jobst in 4 Min. 15 Sec. Zweiter: Paul Lachmann- Nürnberg in 4 Min. 17 1/5 Sec. Dritter- Richard Bendix-Halle. Zweiter Lauf. Erster: C. Fries- Schweinfurt in 4 Min. 25 3/5 Sec. Zweiter: Karl Heuschmann-Nürnberg in Min. 26 1/5 Sec. Ent. scheidungslauf. 1000 Meter. Drei Preise. Erster Preis im Werthe von 30 M. Bernh. Schmidt in 1 Min. 58 Sec. Zweiter Preis im W. v. 15 M.: Paul Lachmann in 2 Min. 04 Sec. Dritter Preis im W. v. 10 M. E. Fries.
3) Herzog Ernst-Fahren (Hohes Zweirad und Sicherheitszweirad, 3000 Meter. Drei Preise. 1. Preis: Ehrenpreis, gegeben von Sr. Hoheit dem regier. Herzog Ernst von Sachsen – Coburg – Gotha. Th. Jaide- Rüsselsheim in 5M. 45 4/5 Sec. Zweiter Preis im W. Von 50 M. Ludwig Huber-Bockenheim in 6 M. 17 1/5 Sec. Dritter Preis im W. von 25 M Albert Stumpf-Halle.
4) Kunstfahrer-Concurrenz. Es wurde das Können der Herren nach Punkten bezeichnet. Drei Preise. I. Ein goldenes Ehrenzeichen, Albert Becker-Leipzig 33 1/2 P. 2. Ein silbernes Ehrenzeichen, M. Lewaldt- Würzburg 28 1/3 P. 3. Ein broncenes Ehrenzeichen, Paul Blankenburg-Coburg.
5) Prinz Alfred-Fahren. Dreirad-Fahren mit Vorgabe. 3000 Meter. Drei Preise. I. Ehrenpreis, gegeben von Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Alfred v. Edinburg Eugen Surtmann-Halle in 7 Min. 3 1/5 Sec. II. Ehrenpreis i. W. von 50 M. Wilh. Kührtze-Halle in 7 Min. 5 2/5 Sec. III. Ehrenpreis i. W. von 25 M. Albert Stumpf-Halle.
8) Entscheidungslauf für das Erst-Fahren. (Siehe unter 2.)
7) Jugend-Fahren mit Vorgabe. 1000 Meter. Drei Preise. I. Ehrenpreis i. W. von 15 M. Ernst Dressel-Hildburghausen in 2 Min. 15 3/5 Sec. II. Ehrenpreis i. W. v. 8 M. Curt Voigt-Weimar in 2 Min. 29 2/5 Sec. III. Ehrenpreis i. W. v. M. Max Röder-Suhl.
8) Union-Fahren mit Vorgabe (Zweirad und Sicherheitszweirad.) 2000 Meter. Drei Ehrenzeichen mit Ehrenpreisen, I. Th. Jaide-Rüsselsheim in 3 Min 56 2/5 Sec. II. Ludwig Huber-Bockenheim in 4 Min. 2 1/5 Sec. III. Paul Bachmann-Nürnberg. —
Die Vertheilung der Preise geschah Abends bei festlicher Versammlung und Concert in der Aktienbierhalle. Es war auch Nichtradfahrern dazu der Eintritt gegen Entrée gestattet. Gestern fanden verschiedene Exkursionen pr. Rad statt, so nach Callenberg und der Rosenau. Der größte Theil der herbei geströmten Gäste verließ unsere Stadt noch gestern, zumeist pr. Bahn, einzelne auch pr. Rad.
Quelle: Coburger Zeitung 20.05.1891
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